Wer sind Sie und was machen Sie beruflich?

Mein Name ist Franziska Sattler-Morrison, und ich bin an der Freien Universität Berlin tätig. Dort habe ich die Position der Koordinatorin für internationale Studierende und Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Des Weiteren engagiere ich mich aktiv in der Wissenschaftskommunikation, insbesondere aufgrund meiner vorherigen Tätigkeit als Wissenschaftlerin. Meine Arbeit umfasst die Zusammenarbeit mit verschiedenen deutschen Universitäten, die Durchführung von Workshops und Vorträgen sowie die Schulung insbesondere von Doktorandinnen und Doktoranden im Bereich Wissenschaftskommunikation.

Sie sind auch BrainCityBotschafterin. Warum haben sie sich dazu entschieden, sich in dieser Funktion in Berlin zu engagieren?

Ich finde, Berlin ist ein faszinierender Ort, an dem viele herausragende Forschende zusammenkommen. Glücklicherweise habe ich durch meine Arbeit regelmäßig Kontakt zu vielen von ihnen. In Berlin habe ich bemerkt, dass durch verschiedene Programme Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders hervorgehoben werden. Da ich selbst eine lange Zeit in der Forschung tätig war und stets ein Interesse daran hatte, Frauen in der Forschung zu unterstützen, erschien mir dies als eine großartige Plattform, um die herausragenden Leistungen von Frauen in der Forschung zu würdigen und zu präsentieren.

Woran arbeiten sie jetzt gerade?

Derzeit arbeite ich an der FU Berlin im Bereich Internationales und fungiere als Betreuerin für internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende. Das bedeutet, ich unterstütze sie bei der Auswahl ihrer Kurse, ihrer wissenschaftlichen Arbeit und helfe ihnen, sich in Berlin gut zurechtzufinden.

Ein bedeutender Teil meines Lebens ist der Wissenschaftskommunikation gewidmet. Zum Beispiel leite ich einen Podcast namens “Science with Milk, No Sugar”, in dem ich Interviews mit Frauen und unterrepräsentierten Gruppen in der Forschung über ihr Leben und ihre Arbeit führe. Zusätzlich zu meinem Podcast engagiere ich mich bei bei Soapbox Science Berlin und LGBTQ+ STEM Berlin.

Soapbox Science ist eine innovative öffentliche Plattform zur Förderung von Wissenschaftlerinnen und ihrer Forschung. Unsere Veranstaltungen verwandeln öffentliche Räume in Arenen für öffentliches Lernen und wissenschaftliche Debatten. Mit Soapbox Science möchten wir sicherstellen, dass jeder die Gelegenheit hat, führende Wissenschaftlerinnen zu schätzen, von ihnen zu lernen, Fragen zu stellen, mit ihnen in Kontakt zu treten und sich von ihnen inspirieren zu lassen. Es gibt keine Mittelsmänner, keine PowerPoint-Präsentationen und keine Amphitheater – nur herausragende Frauen aus der Wissenschaft. Im Jahr 2022 bin ich dem Kernteam von LGBTQ+ STEM Berlin beigetreten, einer bemerkenswerten Organisation mit inspirierenden Mitgliedern. Unsere Mission ist es, die Sichtbarkeit von LGBTQ+ Personen in den MINT-Berufen zu erhöhen und die Community in Berlin zu vernetzen. Menschen jeden Alters, jeder Herkunft, Rasse, Hautfarbe, sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität sind herzlich willkommen, sich uns anzuschließen. Wir arbeiten auch mit Gruppen auf der ganzen Welt zusammen.

Oft werde ich auch als freiberufliche Referentin engagiert, um entweder über diese Organisationen zu sprechen oder Doktorandinnen und Doktoranden darin zu schulen, wie sie Wissenschaftskommunikation effektiv betreiben können. Dabei behandeln wir Qualitätskriterien und vermitteln, wie der Einstieg in dieses Feld gelingt.

Wie sehen sie die Rolle von Veranstaltungen wie der Berlin Science Week im wissenschaftlichen und kulturellen Leben Berlins?

Ich bin davon überzeugt, dass die Berlin Science Week nicht nur für Forschende eine äußerst wertvolle Gelegenheit bietet, ihre Arbeit aus den Laboren und Hörsälen herauszuholen und zu erlernen, wie man anderen Menschen verständlich macht, worum es in ihrer Forschung geht. Viele von uns sind aktiv in ihrer wissenschaftlichen Gemeinschaft und pflegen den Austausch unter Gleichgesinnten. Allerdings fehlt oft der Kontakt zur breiten Bevölkerung. In diesem Zusammenhang sehe ich die Berlin Science Week als eine ausgezeichnete Möglichkeit, um diesen Austausch zu fördern.

Die Veranstaltungen bieten niederschwellige Zugänge zu zentralen Orten in Berlin, die ohnehin von vielen Familien und Touristen besucht werden, wie das Museum für Naturkunde. Die Berlin Science Week schafft auch Möglichkeiten für den direkten Dialog, insbesondere für diejenigen, die selbst aktiv werden möchten, wie es durch Bürgerwissenschaftsprojekte ermöglicht wird. Ich habe den Eindruck, dass für Menschen aller Bevölkerungsgruppen etwas dabei ist, und das finde ich äußerst positiv. Aus diesem Grund engagieren wir uns seit vielen Jahren in dieser Initiative, weil unsere Teams diese Idee voll und ganz unterstützen. Diese Veranstaltung bietet eine hervorragende Gelegenheit, den Menschen zu vermitteln, welchen Nutzen die Wissenschaft für sie hat.

Was hat der Wissenschaftsstandort Berlin aus ihrer Sicht zu bieten?

Ich bin selbst Berlinerin, und vielleicht ist das der Grund, warum ich diese Stadt so sehr liebe. Mir gefällt besonders die Vielfalt und Multikulturalität Berlins. Viele meiner Freunde sind ursprünglich für Arbeit nach Berlin gekommen. Die meisten dachten, sie würden nur für ein Jahr bleiben, aber dann haben sie festgestellt, dass man hier wirklich gut leben kann, und so sind sie oft länger geblieben. Das gilt auch für meinen Mann, der aus Kanada stammt. Er plante ursprünglich nur für ein oder zwei Jahre nach Berlin zu kommen, um in der Tech-Branche zu arbeiten. Jetzt lebt er schon seit rund zehn Jahren hier, weil es ihm so gut gefällt. Das liegt unter anderem daran, dass Berlin so viel zu bieten hat.

Die Stadt ist voller Veranstaltungen, an denen man teilnehmen und Teil einer Gemeinschaft werden kann. Das ist etwas, das ich an Berlin besonders schätze. Ich habe auch an anderen Orten gelebt, und ich muss sagen, Berlin ist einfach anders. Vielleicht liegt es daran, dass hier so viele großartige Organisationen aktiv sind. Im Vergleich zu vielen anderen Städten habe ich noch nie erlebt, dass es so viele vielfältige Möglichkeiten gibt, sich einzubringen, Neues zu lernen und sich mit anderen Kulturen auszutauschen. Und natürlich auch zu feiern. In dieser Hinsicht steht Berlin an der Spitze.

Welche Veranstaltungen bieten Sie an im Rahmen der Berlin Science Week?

Zusammen mit Soapbox Science Berlin und LGBTQ STEM Berlin veranstalte ich zwei Events während der Berlin Science Week. Am 4. November haben wir direkt vor dem Museum für Naturkunde eine wunderbare Veranstaltung (‚Our Diversity, Our Future‚) auf dem CAMPUS geplant. Beide Gruppen kuratieren gemeinsam eine Auswahl von sechs Kurzvorträgen unter dem Motto „Vielfalt kultivieren und unsere Unterschiede annehmen“. Unsere Sprecher:Innen und LGBTQ+ Forschende kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Forschung, von Mikrobiologie bis Stadtplanung, von Psychologie bis Klimawissenschaft. Keine Powerpoint-Präsentation, keine Vorlesungen! Wir haben lockere Vorträge beplant, bei dem die Forscherinnen und Forscher ihre Arbeit in nur 10 Minuten erklären, während sie auf Seifenkisten vor dem Eingang des Museums stehen, gefolgt von einer offenen Zeit für Fragen und Dialog. Diese Veranstaltung verspricht eine fesselnde Mischung aus Wissenschaft, Inklusion und zukunftsorientiertem Denken zu werden. Es ist eine Gelegenheit, die Macht des Wissens, der Verbindung und der Vielfalt bei der Gestaltung der Welt, in der wir leben, zu feiern. können vorbeikommen, Fragen stellen. Es soll Spaß machen und dabei auch informativ sein.

Am 10. November sind wir außerdem am FORUM mit der Veranstaltung ‘Parties: Food, Dance, Shots and…Science?’ im Holzmarkt 25 dabei. Schnappt euch einen Drink und gesellt euch zu uns, wenn wir einen genaueren Blick auf die Wissenschaft hinter unseren beliebtesten gesellschaftlichen Zusammenkünften werfen.

Parties: Food, Dance, Shots and …Science“ ist eine Vortragsreihe von Frauen und LGBTQ+-Forschenden. In diesen Minivorträgen werden wir Themen behandeln, wie die Biologie des Tanzens, die psychologische Bedeutung von Raves als verändernde Rituale, nachhaltiges Feiern und vieles mehr.

Am 8. November nehme ich am Berlin Diversithon teil, bei dem ich den Eröffnungsvortrag halte. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung im Zusammenhang mit Wikipedia, bei der Menschen die Möglichkeit haben, mehr über die Funktionsweise von Wikipedia zu erfahren und zu lernen, wie man eigene Artikel verfasst. Wikipedia ist eine Plattform, die für alle zugänglich ist, und nicht nur zum Lesen, sondern auch zum aktiven Mitmachen gedacht ist.

Auf welche Weise lassen sich Parties erforschen?

Bei unseren Soapbox Science und LGBTQ STEM Berlin Events haben wir verschiedene Forschende eingeladen, insbesondere Frauen und queere Forschende, die spannende Themen wie die Evolution des Tanzes erforschen. Ich freue mich bereits sehr darauf.

Wir haben auch eine Neurobiologin eingeladen, die uns erklären wird, was im Gehirn geschieht, wenn man tanzt oder laute Musik hört, und wie sich Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Drogen auf das Mikrobiom auswirken und somit Stimmung, Kognition und die allgemeine Gesundheit beeinflussen. Forschende wissen definitiv, wie man feiert und dabei interessante Erkenntnisse gewinnen kann.

Haben Sie irgendeinen Lieblingsort in Berlin?

Der Tiergarten, besonders während des Farbwechsels der Blätter und der beginnenden Abenddämmerung. Der Herbst hat dort einfachseinen ganz eigenen Charme. Und wenn ich nicht im Tiergarten unterwegs bin, erkunde ich gerne den Prenzlauer Berg. Der Buchladen „Berlin Love Stories“ ist ein Paradies für Bücherliebhaber, da er eine breite Auswahl an Englisch-sprachigen Büchern bietet.

Da gibt es eine ganze Bandbreite. Angefangen bei der Klimakrise bis hin zur Frage, wie ich es schaffe, mit meiner Forschung möglichst viele Menschen zu erreichen. Wie gestalte ich meine Arbeit so, dass sie anderen gefällt und sie sich anschließend für das Thema weiter interessieren? Ich überlege mir Strategien und Plattformen, um eine möglichst breite Zielgruppe anzusprechen. Jeden Tag ist es irgendwie etwas anderes.

Was lesen Sie gerade?

Ich lese derzeit „In Defense of Witches: Why Women Are Still on Trial“ von Mona Chollet. Es handelt sich um eine lebendige feministische Polemik, die argumentiert, dass die Auswirkungen der Hexenverfolgung bis in die Gegenwart reichen. Die gleichen Gründe, die in der Vergangenheit dazu führten, dass Frauen verteufelt wurden – beispielsweise ihr lediger Status, das Altern oder die Entscheidung gegen Kinder – führen noch heute dazu, dass Frauen verfolgt werden.

Wie gut ist Berlin ausgestellt für Frauen in der Wissenschaft aus ihrer Sicht?

Ich kenne viele Frauen, die in der Wissenschaft in Berlin tätig sind, und ich freue mich darüber, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Dies geschieht nicht nur im Rahmen der Berlin Science Week, sondern auch durch die Veranstaltungen, die ich organisiere und die großzügige Unterstützung von Berliner Institutionen erhalten. In anderen europäischen Städten wie London, Paris und Dublin gibt es bereits gut etablierte Gemeinschaften und Veranstaltungen für Frauen in der Wissenschaft, aber es bleibt noch viel zu tun. Dennoch habe ich den Eindruck, dass Berlin eine besonders gute Gelegenheit bietet, auch internationalen Frauen die Präsentation ihrer Forschung zu ermöglichen.

Die Tatsache, dass viele Veranstaltungen und Institutionen in Berlin in englischer Sprache arbeiten, erleichtert die Kommunikation erheblich. Wir haben hier viele Frauen, die möglicherweise noch nicht so gut Deutsch sprechen, da sie erst kürzlich hierher gezogen sind, aber dennoch hervorragende Forschung betreiben. In Berlin ist es relativ einfach, jemanden zu finden, der auch Englisch spricht. Die multilinguale Kommunikation funktioniert hier wirklich hervorragend.

Wie sammeln und strukturieren Sie Ihre Gedanken?

Ich verwende einen Bullet Planner, ein Notizbuch, in dem ich meine täglichen Aufgaben abhake, was mir sehr hilfreich ist. Ich bemühe mich, alle meine Gedanken und Aufgaben auf Papier festzuhalten. Darüber hinaus nutze ich ein Computerprogramm namens Notion, um mein gesamtes Leben zu organisieren. Notion ist eine Anwendung, die sowohl online als auch auf dem Computer genutzt werden kann. Sie ermöglicht das Erstellen eigener kleiner Wikis zu verschiedenen Themen. Ich nutze Notion für meine Wissenschaftskommunikation, die Organisation meines Haushalts und viele weitere Aufgaben. Zusätzlich verwenden wir in unseren Organisationen die Plattform Slack intensiv.

Sie brennen für die Wissenschaftskommunikation, wie kommt das? Was inspiriert Sie dazu, in dem Bereich zu arbeiten?

Im Jahr 2007 begann ich meine Arbeit im Museum für Naturkunde, damals noch als Praktikantin, da ich ein großes Interesse an Paläontologie hatte. Wenn man im Museum tätig ist, kommt man zwangsläufig in Kontakt mit Wissenschaftskommunikation. Ich hatte das Glück, von einer hervorragenden Mentorin, Dr. Daniela Schwarz, betreut zu werden, die sich ebenfalls stark in diesem Bereich engagierte und an Veranstaltungen wie der Langen Nacht der Wissenschaft teilnahm. Sie hat mich oft in ihre Aktivitäten einbezogen.

Im Jahr 2016 begann ich, meinen Horizont zu erweitern, und stieß auf Pint of Science, bei dem ich von 2016 bis 2023 Mitglied war. Pint of Science ist eine internationale, gemeinnützige Organisation, die Festivals veranstaltet, bei denen einige der brillantesten Wissenschaftler in die örtlichen Kneipen kommen, um mit den Besuchern über ihre neuesten Forschungen und Erkenntnisse zu sprechen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, und jeder hat die Gelegenheit, die Menschen zu treffen, die die Zukunft der Wissenschaft gestalten (und ein Bier mit ihnen zu trinken). Die Festivals finden jedes Jahr im Mai statt.

Meine Neugierde hat mich schon immer angetrieben, mehr über die Forschung anderer Menschen zu erfahren. Daher begann ich anschließend, bei Soapbox Science mitzuarbeiten. Die Zusammenarbeit mit anderen Menschen bereitet mir dabei besonders viel Freude. Für mich ist die Teamarbeit der Höhepunkt in der Wissenschaftskommunikation. Ich halte auch immer Ausschau nach neuen Entwicklungen und Ideen in anderen Städten und prüfe, ob sich diese Formate auch nach Berlin übertragen lassen. Meine Augen sind stets offen für neue Möglichkeiten.

Gibt es aus ihrer Sicht Trends, die ihre Arbeit in den nächsten Jahren beeinflussen werden im Bereich Wissenschaftskommunikation?

Ich glaube, dass wir jetzt alle ein bisschen mehr von den Online-Events Abstand nehmen möchten. In der Vergangenheit fand ich sie zwar sehr bereichernd, da sie es ermöglichten, Menschen zu erreichen, die möglicherweise nicht in der Stadt sind oder aus anderen Gründen nicht an den Veranstaltungen teilnehmen können. Doch ich habe den Eindruck, dass viele Menschen die Zusammenarbeit vor Ort vermissen.

Daher haben sich die Teams von Soapbox Science und LGBTQ+ STEM Berlin zusammengeschlossen, um zu erkunden, wie wir unsere Events vor Ort wieder attraktiver gestalten können. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppen die Möglichkeit bietet, gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Tatsächlich erhalten wir vermehrt Anfragen zur Kooperation, was zeigt, dass immer mehr Menschen daran interessiert sind, gemeinsam etwas zu schaffen.